"Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt."

Khalil Gibran (1883-1931)

Weiße Maulbeere

Die weiße Maulbeere (Morus alba) wird seit mehr als 4000 Jahren als wertvolle Kulturpflanze geschätzt. Bekannt ist sie vor allem wegen der Nutzung zur Seidenraupenzucht in Asien und Südeuropa. Die Früchte des Baumes können frisch oder getrocknet gegessen oder weiterverarbeitet werden. Darüber hinaus ist auch das Holz des sommergrünen Laubbaumes von hohem Wert. 

Neben der weißen Maulbeere, die in China beheimatet ist, existieren weitere Maulbeerbaumarten, wie die schwarze Maulbeere aus dem nahen Osten und die rote Maulbeere aus Nordamerika. Maulbeerbäume erreichen hierzulande eine Höhe von 8-10 Meter, in ihrer Heimat 15-18 Meter. Die Baumkrone entwickelt häufig schon recht weit unten eine knorrige Verästelung, so dass ein erwachsener Baum oft eine imposante Breite von über 5 Metern erreicht. Sehr markant ist die stark gefurchte graue  Rinde.
Auffallend hübsch ist auch das unregelmäßig geformte Blatt das bis zu 20 cm lang werden kann. Es ist glänzend hellgrün und mit einem feinen Flaum bedeckt. Weiteres Merkmal des Maulbeerbaumes ist seine Einhäusigkeit, was bedeutet, dass sich männliche und weibliche Blüten auf getrennten Pflanzen befinden. Die kleinen hell-gelben oder rosafarbenen und süßlich schmeckenden Früchte ähneln in der Form und Größe Himbeeren. Im getrockneten Zustand eignen sie sich als gesunde Müslizutat. Die Früchte reifen ab Ende Juni, fallen schnell vom Baum ab und sind nicht sonderlich lange haltbar. Als Saft oder Sirup verarbeitet sind sie ein wirksames Hausmittel bei Erkältungsbeschwerden, ähnlich wie Holunder.

Maulbeerbäume mögen sonnige, warme und geschützte Standorte. Junge Pflanzen sind hierzulande etwas frostempfindlich. Sie sind kalkliebend und gedeihen auf nährstoffarmem Boden. Mit fortschreitendem Klimawandel bieten Baumschulen die Maulbeere als Trockenheit und Hitze vertragendes, schattenspendendes Zukunfsgehölz an. Auch als sommergrüne Heckenpflanze, die Schnitt gut verträgt, ist sie mit zahlreichen Sorten im Handel vertreten.

Während des 2. Weltkriegs, als in Deutschland massenhaft Seide für die Produktion von Fallschirme benötigt wurde, erlangte die weiße Maulbeere große Bedeutung. Mein Vater erzählte mir, dass er und seine Mitschüler in Wildau nahe Berlin von ihren Lehrern den Auftrag bekamen Maulbeerblätter im heimischen Garten zu pflücken und mit in die Schule zu bringen, wo sie an die in Glaskästen gehaltene Seidenraupen verfüttert wurden.

Zweihundert Jahre zuvor wurde in Preußen die Anpflanzung des südländischen Gewächses sogar per königlichem Dekret verordnet und mit staatlicher Förderung belohnt. König Friedrich der Zweite wollte sich im 18. Jahrhundert mit einer eigenen Seidenproduktion von teuren Seidenimporten aus China unabhängig machen. In einer Zeit als Kleidung hauptsächlich aus Leinen oder kratziger Wolle bestand, waren weiche und leichte Seidenstoffe begehrt und wurden für die Fertigung königlicher Roben und Gardeuniformen verwendet. Das nötige Know-How für die Raupenzucht brachten die im Märkischen heimisch werdenden Hugenotten aus Frankreich mit: Für ein Kilo Seide werden rund 5000 Raupen benötigt, die 120 Kilo Maulbeerblätter fressen und sich dann in ihrem Seidenfadenkokon verpuppen. Friedrich ließ Maulbeerbäume millionenfach anpflanzen, gab dafür zwei Millionen Taler aus und drohte „übelgesinnten Leuten“, die die Pflanzen schädigten, hohe Strafen an. Doch allen Bemühungen zum Trotz misslang dieses Experiment, das preußische Klima, Krankheiten der Raupen und der hohe Arbeitsaufwand machten es unrentabel.

Zeugen dieser Zeit können heute stadt- und landesweit noch bewundert werden: In Potsdam-Babelsberg auf dem Weberplatz / Ecke Lutherstraße verleiht ein stattlicher Baum dem Platz vor der Friedrichskirche ein mediterranes Flair. In der Berliner Friedrichstraße schmückt ein weißer Maulbeerbaum den Innenhof der Hausnummer 129.
Eine Allee bestehend aus 20 alten Maulbeerbäumen aus der Zeit der Hochzeit der Brandenburger Seidenraupenzucht ist zwischen Zernikow und Burow im Naturpark Stechlin-Ruppiner Land zu bewundern.

 

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